Lehrstuhlprofil

Profil des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht

Lehre

Der Lehrstuhl deckt das Öffentliche Recht an der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in der Lehre ab, soweit es in seiner Breite für das wirt-schaftswissenschaftliche Studium erforderlich ist. Die Rechtsordnung prägt in entscheidendem Maß wirtschaftliche Strukturen und Prozesse. Sie bestimmt und garantiert die grundlegenden ökonomischen Freiheiten der Marktakteure und gibt den Rahmen vor, in dem die Wirtschaftssubjekte handeln dürfen. Grundkenntnisse der Rechtsordnung sind für Ökonomen deshalb unerlässlich, um effiziente Entscheidungen treffen zu können. Das gilt insbesondere für das Öffentliche Recht, das die hoheitliche Gewalt und ihr Verhältnis zu den Privatrechtssubjekten zum Gegenstand hat. Im Grundstudium werden den Stu-dierenden der wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengänge daher die verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Grundlagen unserer Rechtsordnung vermittelt. Dieses Angebot wird durch Veranstaltungen im Europarecht und im Besonderen Verwaltungsrecht ergänzt, die im Profilstudium der wirt-schaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengänge belegt werden können. Studierende der Fakultät Agrarwissenschaften können außerdem Vorlesungen und Übungen des Lehrstuhls im Agrar- und Umweltrecht besuchen.

In der Tiefe bietet der Lehrstuhl steuerrechtliche Veranstaltungen in den wirtschaftswissenschaftlichen Bachelor- und Masterstudiengängen an. Mit der Steuer partizipiert der Staat am wirtschaftlichen Erfolg von natürlichen Personen und Erwerbsgesellschaften. Die steuerrechtlichen Tatbestände knüpfen an wirtschaftliche Sachverhalte an, um die Steuerpflichtigen nach ihrer Leistungsfähigkeit zu besteuern. Darüber hinaus setzt der Staat die Steuer ein, um Lenkungsziele zu verfolgen. Das Steuerrecht bildet deshalb einen wesentlichen Regulierungsrahmen für das ökonomische Verhalten der privaten Wirt-schaftssubjekte. Demgemäß ist die Steuer Gegenstand verschiedener Disziplinen. Insbesondere bestehen zwischen der Finanzwissenschaft, der betrieb-lichen Steuerlehre und der Steuerrechtswissenschaft grundlegende Zusammenhänge. Der Lehrstuhl trägt dem Rechnung, indem er für Studierende, die sich in den Steuerwissenschaften interdisziplinär vertiefen möchten, steuerrechtliche Vorlesungen, Übungen und Seminare veranstaltet. Im Profilstudium der wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengänge können das Allgemeine Steuerrecht und das Einkommensteuerrecht belegt werden. In den wirt-schaftswissenschaftlichen Masterstudiengängen können die Studierenden an Veranstaltungen im Ertragsteuerrecht, im Steuerverfahrensrecht, im Inter-nationalen und Europäischen Steuerrecht sowie im Umsatzsteuerrecht teilnehmen. Nach dem erfolgreichen Besuch der Veranstaltungen sollte die Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen, das juristisch ausgerichtet ist, leichter fallen.

Die Lehre im Steuerrecht verfolgt dabei einen systematischen Ansatz. Auch wenn der Normtext der Steuergesetze ständig erweitert wird und komplizierte Einzelvorschriften den Blick auf das Ganze zunächst verstellen, hat das Steuerrecht seine innere Systematik noch nicht verloren. Es richtet sich an Prinzipien aus, die ihm Struktur und Ordnung geben. Die Veranstaltungen im Steuerrecht sind daher darauf ausgerichtet, den Studierenden die wesentlichen Vorschriften des jeweiligen Teilrechtsgebietes im Gesamtzusammenhang zu vermitteln. Mit diesem Grundlagenwissen werden die Studierenden in die Lage versetzt, auch Einzelprobleme zu lösen und unbekannte Rechtsfragen des geltenden Rechts zu beantworten. Die Vorlesungen sind dabei nicht nur systematisch, sondern auch anwendungsorientiert ausgerichtet. Sie werden jeweils durch methodisch orientierte Übungen ergänzt, in denen Fälle - wie sie in der Rechtspraxis auftreten können - strukturiert bearbeitet werden.

Forschung

Auch in der Forschung bildet das Steuerrecht einen Schwerpunkt des Lehrstuhls. Der Forschungsansatz zielt darauf, das Steuerrecht in seiner Vielschich-tigkeit zu begreifen. Das Steuerrecht findet seine Grundlagen in den verfassungsrechtlichen, europarechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben. Darüber hinaus weist es enge inhaltliche Bezüge zum Privatrecht auf, an dessen Rechtsfolgen es im Sinne einer Vorherigkeit anschließt. Auch zum Sozialrecht besteht eine nahe Verwandtschaft. Zugleich ist das Steuerrecht ein ökonomisch geprägtes Recht. Seine Tatbestände erfassen wirtschaftliche Sachverhalte. Wesentliche steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale sind ökonomischen Ursprungs. Ökonomische Sachgesetzlichkeiten bedingen und strukturieren deshalb in gewissem Umfang die Steuerrechtsnorm. Die steuerrechtliche Forschung am Lehrstuhl trägt diesem interdisziplinären Gesamtzusammenhang Rechnung, indem sie die Rechtsgewinnung methodisch danach ausrichtet. Axiologisch ist die Steuerrechtsordnung anhand von Prinzipien - ohne sie als abschließendes System zu verstehen - zu interpretieren, die vornehmlich deduktiv aus dem höherrangigen Recht zu gewinnen sind. Daneben ist teleologisch die ökonomische Rationalität des Steuerrechts zu ergründen, bei der Auslegung fruchtbar zu machen oder - wenn sich der Wortlaut der konkreten Norm dem verschließt - rechtspolitisch einzufordern. Mit den wirtschaftswissenschaftlichen Lehrstühlen für betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Prüfungswesen, für Rechnungswesen und Finanzierung sowie für Finanzwissenschaft bietet die Universität Hohenheim dabei ein hervorragendes Umfeld, steuerwissenschaftliche Probleme interdisziplinär zu beleuchten.

Darüber hinaus erstreckt sich die Forschung am Lehrstuhl auf das Bundes- und Landesverfassungsrecht, das Finanzrecht, das Währungsrecht und das Wirtschaftsverwaltungsrecht. Auch hier wird ein teleologisch-axiologischer Forschungsansatz verfolgt, der für interdisziplinäre Einflüsse offen ist und sich der Rationalität der Rechtsfindung verpflichtet fühlt. Zudem werden rechtstheoretische und rechtsdogmatische Untersuchungen zum Personbegriff und zur juristischen Person durchgeführt.